Zwischenlandung und Landung in Drittstaat – Ausgleich bei Flugverspätung

In einem vom Europäischen Gerichtshof am 11.7.2019 entschiedenen Fall buchten Fluggäste bei einem tschechischen Luftfahrtunternehmen einen Flug von Prag (Tschechische Republik) über Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) nach Bangkok (Thailand). Der erste Teilflug dieses Fluges mit Umsteigen, der von einer tschechischen Airline durchgeführt wurde und von Prag nach Abu Dhabi ging, kam pünktlich in Abu Dhabi an.

Dagegen war der zweite Teilflug, der im Rahmen einer Codesharing-Vereinbarung von Etihad Airways, einem Luftfahrtunternehmen von außerhalb der Gemeinschaft, durchgeführt wurde und von Abu Dhabi nach Bangkok ging, bei der Ankunft um 488 Minuten verspätet. Diese Verspätung von mehr als drei Stunden kann nach der Verordnung über Fluggastrechte dazu führen, dass Fluggästen ein Anspruch auf einen Ausgleich zusteht.

Die EuGH-Richter entschieden dazu: „Ein Luftfahrtunternehmen, das den ersten Teilflug durchgeführt hat, ist verpflichtet, den Fluggästen einen Ausgleich zu leisten, wenn es bei der Ankunft des zweiten Teilflugs, der von einem Luftfahrtunternehmen von außerhalb der Gemeinschaft durchgeführt wurde, zu einer großen Verspätung gekommen ist.“

Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass in diesem Fall die tschechische Airline für den in der Verordnung vorgesehenen Ausgleich wegen der großen Verspätung bei der Ankunft des Fluges mit Umsteigen nach Bangkok haftet, obwohl die große Verspätung auf dem Flug von Abu Dhabi nach Bangkok entstanden und Etihad Airways zuzurechnen ist.

In diesem Sinne unterstreicht der EuGH insbesondere, dass sich ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das den ersten Teilflug eines Fluges mit ein- oder mehrmaligem Umsteigen durchgeführt hat, der Gegenstand einer einzigen Buchung war, nicht auf die mangelhafte Durchführung eines späteren, von einem anderen Luftfahrtunternehmen durchgeführten Teilflugs zurückziehen kann.

Reisevertrag – vorformulierte „Trinkgeldempfehlung“ eines Reiseveranstalters

Die vom Reiseveranstalter für eine Kreuzfahrt vorformulierte „Trinkgeldempfehlung“, der zufolge ein pauschaliertes Trinkgeld vom Bordkonto des Reisenden abgebucht wird, solange dieser nicht widerspricht, benachteiligt den Reisenden unangemessen. Sie ist daher unwirksam. Das entschieden die Richter des Oberlandesgerichts Koblenz in ihrem Beschluss vom 14.6.2019.

Folgende Klausel verwendete der Reiseveranstalter in dem entschiedenen Fall: „Trinkgeldempfehlung: [Sie sind sicher gerne bereit, die Leistung der Servicecrew durch Trinkgeld zu honorieren.] Hierfür wird auf Ihrem Bordkonto ein Betrag i. H. v. 10 € pro Person/Nacht an Bord gebucht, die sie an der Rezeption kürzen, streichen oder erhöhen können.“

Bei der verwendeten „Trinkgeldempfehlung“ handelte es sich um eine den Verbraucher unangemessen benachteiligende Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB). Die „Trinkgeldempfehlung“ unterlag daher der gesetzlichen Inhaltskontrolle, welche festlegt, dass eine AGB unwirksam ist, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Die unangemessene Benachteiligung lag hier in der vorgegebenen Widerspruchslösung. Denn in der Folge wurde der Reisende „stillschweigend“, ohne dass zuvor eine ausdrückliche Vereinbarung darüber getroffen wurde, zu einer über den Reisepreis hinausgehenden Zahlung verpflichtet.

Das Gesetz schreibt jedoch für Verbraucherverträge vor, dass eine Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet ist, ausdrücklich getroffen werden muss.

SPRUCH

Größe heißt, Talent haben und bescheiden darüber sein.
James Agate; 1877 – 1947, englischer Kritiker

Erhöhung des Elterngeldes aufgrund von Gehaltsnachzahlungen

Nachgezahlter laufender Arbeitslohn, den der Elterngeldberechtigte außerhalb der für die Bemessung des Elterngelds maßgeblichen 12 Monate vor dem Monat der Geburt des Kindes (Bemessungszeitraum) „erarbeitet“ hat, ist der Bemessung des Elterngeldes zugrunde zu legen, wenn er im Bemessungszeitraum zugeflossen ist. Denn entscheidend ist, welches Einkommen der Berechtigte „im Bemessungszeitraum hat“. Dies folgt aus der gesetzlichen Neuregelung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) zum 18.9.2012.

Dieser Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 27.6.2019 lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde: Für die Bemessung des Elterngeldes wurde der Bemessungszeitraum Juli 2013 bis Juni 2014 (Geburt: 25.8.2014) festgelegt. Das im August 2013 aufgrund einer Gehaltserhöhung nachgezahlte Gehalt für Juni 2013 wurde ausgeklammert.

Elternzeit – Kürzung von Urlaubsansprüchen

Der gesetzliche Urlaubsanspruch besteht auch für den Zeitraum der Elternzeit, er kann jedoch vom Arbeitgeber gekürzt werden. Möchte der Arbeitgeber von seiner Befugnis Gebrauch machen, den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um 1/12 zu kürzen, muss er eine darauf gerichtete empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Erklärung abgeben. Dazu ist es ausreichend, dass für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass der Arbeitgeber von der Kürzungsmöglichkeit Gebrauch machen will.

Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers erfasst auch den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für diesen keine für die Urlaubskürzung aufgrund von Elternzeit abweichende Regelung vereinbart haben.

Die Kürzung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs verstößt auch nicht gegen EU-Recht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind Arbeitnehmer, die wegen Elternzeit im Bezugszeitraum nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet waren, nicht Arbeitnehmern gleichzustellen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben.

Hinweispflicht des Arbeitgebers auf drohenden Verfall des Urlaubsanspruchs

Arbeitgeber müssen auf den drohenden Verfall von Urlaub aus vergangenen Jahren hinweisen. Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln (LAG) vom 9.4.2019 erlischt der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor über seinen Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat. Diese Initiativlast des Arbeitgebers bezieht sich nicht nur auf das laufende Kalenderjahr, sondern auch auf den Urlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren.

In dem vom LAG entschiedenen Fall war ein Arbeitnehmer in der Zeit vom 1.9.2012 bis zum 31.3.2017 als Bote bei einer Apotheke beschäftigt. Bezüglich der Urlaubsansprüche enthielt der Arbeitsvertrag eine Regelung, wonach der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub auf eigenen Wunsch in Form einer wöchentlichen Arbeitszeitverkürzung nimmt. Statt der bezahlten 30 Stunden/Woche arbeitete er nur 27,5 Stunden/Woche. Die Gewährung darüber hinausgehenden Urlaubs hatte der Bote während des Arbeitsverhältnisses nicht verlangt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses begehrte er einen finanziellen Ausgleich für in den Jahren 2014, 2015 und 2016 nicht gewährten Urlaub.

Nach der Bewertung des LAG sind die Urlaubsansprüche nicht durch den geringeren Arbeitszeitumfang erfüllt worden. Die wöchentliche Arbeitszeitverkürzung stellte keinen Erholungsurlaub im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes dar. Die Urlaubsansprüche waren auch nicht verfallen. Denn unter Berücksichtigung des europäischen Rechts verfällt der Urlaub eines Arbeitnehmers in der Regel nur, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlöscht. Dem Arbeitgeber obliegt die Initiativlast, im laufenden Kalenderjahr den Arbeitnehmer konkret aufzufordern, den Urlaub zu nehmen. Diese Obliegenheit des Arbeitgebers bezieht sich auch auf Urlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren. In dem o. g. Fall hatte der Arbeitgeber 3.600 € an den Arbeitnehmer zu zahlen.

Unverzügliches Nutzen des Familienheims zur Erlangung einer Erbschaftsteuerbefreiung

Maßgebend für die Ermittlung der Erbschaftsteuer ist der Wert des vererbten Vermögens abzüglich der vererbten Nachlassverbindlichkeiten. Das Erben eines sog. Familienheims ist unter weiteren Voraussetzungen steuerfrei.

Dafür muss es z. B. vom Erblasser direkt entweder auf den Ehegatten bzw. den (eingetragenen) Lebenspartner oder auf die Kinder übergehen. Beim Erbfall an die Kinder ist eine Steuerbefreiung nur gegeben, soweit die Wohnfläche 200 qm nicht überschreitet. Der darüber hinausgehende Flächenbetrag unterfällt der Steuerpflicht. Außerdem muss die Wohnung bis zum Tode des Erblassers von diesem selbst genutzt worden sein, es sei denn, er war aus zwingenden Gründen daran gehindert, z. B. wegen fortgeschrittene Alters und Unterbringung in einem Pflegeheim.

Eine weitere Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist die „unverzügliche“ Selbstnutzung durch den Erben. Bisher kam es immer auf die Umstände des Einzelfalls an, ob und innerhalb welchen Zeitraums eine unverzügliche Selbstnutzung anzunehmen ist. Diesen Zeitraum hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun durch ein Urteil vom 28.5.2019 auf sechs Monate eingegrenzt.

Anmerkung: In seiner Entscheidung betont der BFH aber auch, dass die Selbstnutzung der Wohnung ausnahmsweise erst nach Ablauf von sechs Monaten als „unverzüglich“ gelten kann, wenn der Erwerber im Einzelfall darlegt und glaubhaft macht, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat. Sollten Sie davon betroffen sein, lassen Sie sich unbedingt – zeitnah nach dem Erbfall – beraten!
Bitte beachten Sie! Ferien- oder Wochenendwohnungen sind keine Familienheime und gehören nicht zum steuerfreien Erbvermögen.

Verbraucherpreisindex

Verbraucherpreisindex (2015 = 100)
Bitte beachten Sie, dass ab Januar der Index von 2010 = 100 auf 2015 = 100 geändert wurde!

2019
106,2  Juli
105,7  Juni
105,4  Mai
105,2  April
104,2  März
103,8  Februar
103,4  Januar

2018
104,2  Dezember
104,2  November
104,9  Oktober
104,7  September
104,5  August

Ältere Verbraucherpreisindizes finden Sie im Internet unter:
http://www.destatis.de – Konjunkturindikatoren – Verbraucherpreise

Verzugszins / Basiszins

  • Verzugszinssatz seit 1.1.2002: (§ 288 BGB)

    Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern:
    Basiszinssatz + 5-%-Punkte

    Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen bis 28.7.2014):
    Basiszinssatz + 8-%-Punkte

    Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen ab 29.7.2014):
    Basiszinssatz + 9-%-Punkte
    zzgl. 40 € Pauschale

  • Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB
    maßgeblich für die Berechnung von Verzugszinsen

    seit 01.07.2016 = – 0,88 %
    01.01.2016 – 30.06.2016 – 0,83 %
    01.07.2015 – 31.12.2015 – 0,83 %
    01.01.2015 – 30.06.2015 – 0,83 %
    01.07.2014 – 31.12.2014 – 0,73 %
    01.01.2014 – 30.06.2014 – 0,63 %
    01.07.2013 – 31.12.2013 – 0,38 %

Ältere Basiszinssätze finden Sie im Internet unter:
https://www.bundesbank.de/de/bundesbank/organisation/agb-und-regelungen/basiszinssatz-607820

Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung dieses Informationsschreibens erfolgen, können erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt werden!