Fahrt zur Tankstelle ist kein Arbeitsweg

Eine Arbeitnehmerin wollte an einem Morgen von ihrem Wohnort mit dem Motorrad zu ihrer ca. 18 km entfernten Ausbildungsstätte fahren, zuvor aber noch ihr Motorrad an einer in entgegengesetzter Richtung gelegenen Tankstelle betanken, da ihr Bruder den Tank leergefahren hatte. Sie verunfallte noch vor Erreichen der Tankstelle.

Ein Unfall auf dem Weg zu einer Tankstelle ist auch dann kein Arbeitsunfall, wenn dort Treibstoff für den sich unmittelbar anschließenden Weg zur Arbeit getankt werden soll. Das gilt selbst dann, wenn erst bei Fahrtantritt festgestellt wird, dass ein Familienangehöriger den Tank leergefahren hat. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) in einer Entscheidung klargestellt.

Beim Tanken handelte es sich um eine rein privatwirtschaftliche Verrichtung, die nicht unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung stand. Der Unfall hatte sich eben nicht auf dem unmittelbaren Weg zur Arbeit ereignet, sondern zu einem Zeitpunkt, als die Arbeitnehmerin in die entgegengesetzte Richtung fuhr. Auch außergewöhnliche Umstände, die das Tanken in den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz gestellt hätten, lagen nicht vor.

Direktionsrecht des Arbeitgebers bei Widerruf einer Homeoffice-Erlaubnis

Wie eine einmal gegebene Erlaubnis, die Arbeitsleistung vom Homeoffice aus zu erledigen, ist auch deren Widerruf eine Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts und muss daher fair und unter Berücksichtigung der Interessen beider Seiten erfolgen.

Das Landesarbeitsgericht Köln hatte bezüglich des Direktionsrechts zu folgendem Sachverhalt zu entscheiden: Ein Arbeitnehmer war seit 2017 bei einem Autozulieferer beschäftigt. Mit Erlaubnis seines Arbeitgebers arbeitete er zu 80 % im Homeoffice. Im März 2023 beschloss die Gruppe, den für den Arbeitnehmer bisherigen Standort zu schließen und wies ihn an, ab dem 1.5.2023 seine Tätigkeit an einem 500 km entfernten Standort in Präsenz auszuüben.

Die LAG-Richter entschieden zugunsten des Arbeitnehmers. Wird der Betriebsstandort, dem der im Homeoffice arbeitende Arbeitnehmer bisher zugeordnet war, geschlossen und ihm ein neuer Standort zugewiesen, ohne dass sich seine eigentliche Tätigkeit ändert, stellt dies allein keinen ausreichenden sachlichen Grund dar, um die Anordnung, künftig 500 km entfernt zu arbeiten, als fair und zumutbar erscheinen zu lassen.

Personenbedingte Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen

Mehrfache Kurzerkrankungen eines Arbeitnehmers pro Jahr können eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn auch weiterhin mit häufigen Erkrankungen zu rechnen ist (negative Gesundheitsprognose). Zusätzlich muss die Arbeitsunfähigkeit zu erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen führen und eine Interessenabwägung ergeben, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist.

Traten während der letzten Jahre jährlich mehrere (Kurz-)Erkrankungen auf, spricht dies für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbildes, es sei denn, die Krankheiten sind ausgeheilt.

Einer negativen Prognose steht nicht entgegen, wenn die Arbeitsunfähigkeitszeiten auf unterschiedlichen Erkrankungen beruhen. Selbst wenn die Krankheitsursachen verschieden sind, können sie doch auf eine allgemeine Krankheitsanfälligkeit hindeuten, die prognostisch andauert. Das gilt auch dann, wenn einzelne Erkrankungen – etwa Erkältungen – ausgeheilt sind.

In einem vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) entschiedenen Fall war ein Arbeitnehmer in den Jahren 2018 – 2022 mit Ausnahme des geringfügig abweichenden Jahres 2020 stets 40 – 44 Arbeitstage arbeitsunfähig. Selbst im Jahr 2020 beliefen sich die Fehlzeiten auf mehr als sechs Wochen (33 Arbeitstage).

Diese Fehlzeiten rechtfertigen die Prognose, dass der Arbeitnehmer auch künftig jährlich etwa 40 Arbeitstage ausfallen würde. Die LAG-Richter führten in ihrer Entscheidung aus, dass hier die Abwägung der wechselseitigen Interessen nicht dazu führt, dass der Arbeitgeber die mit Fehlzeiten von rund 40 Arbeitstagen je Kalenderjahr verbundenen Beeinträchtigungen hinzunehmen hat.

Kein Erstattungsanspruch bei pushTAN-Freigabe an Dritte am Telefon

In der Praxis kommt es leider immer wieder zu Situationen, in denen Betrüger versuchen, u.a. telefonisch an sehr sensible Bankdaten zu gelangen. So auch in dem folgenden vom Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) am 6.1.2025 entschiedenen Fall: Eine Frau unterhielt mit ihrer Bank einen Girovertrag und authentifizierte sich beim Online-Banking mit dem pushTan-Verfahren. Bei diesem Verfahren wird die Auftragsfreigabe direkt auf dem Smartphone oder Tablet in einer speziellen App durchgeführt.

An einem Tag erhielt sie einen Anruf eines vermeintlichen Bankmitarbeiters, der ihr von einem Versuch einer unberechtigten Kreditkartenanmeldung berichtete. Er forderte sie auf, das pushTAN-Verfahren durchzuführen, um die Kreditkartenanmeldung zu ihrem Konto zu löschen. Auf seine Anweisung hin wiederholte sie diesen Vorgang vier Mal. Er gab ihr anschließend die Auskunft, dass ihr Konto zur Sicherheit gesperrt werde, sie aber mit der EC-Karte weiterhin zahlen könnte.

Von dem Konto der Bankkundin wurden danach Abbuchungen mittels einer neu registrierten Kreditkarte in Höhe von ca. 7.900 € vorgenommen, die nicht von ihr autorisiert waren. Die Bank lehnte die Regulierung des Schadens ab, da die Kundin – so die Bank – die Abbuchungen durch eine grob fahrlässige Freigabe mittels pushTAN-Verfahren mitverursacht hatte.

Das OLG kam zu der Entscheidung, dass die Bankkundin keinen Schadensersatz wegen unberechtigter Abbuchungen von ihrem Girokonto verlangen konnte. Zwar stand ihr ein Erstattungsanspruch zu, da die Abbuchungen von ihr nicht autorisiert waren. Die Bank berief sich ihrerseits zu Recht auf einen aufrechenbaren Gegenanspruch, da die Frau pflichtwidrig einen von Dritten initiierten Buchungsvorgang über das pushTAN-Verfahren freigegeben hatte. Aus den Sicherheitshinweisen ergibt sich eindeutig, dass Bankmitarbeiter am Telefon niemals dazu auffordern, eine TAN zu nennen oder einen Auftrag mit der push-TAN-App freizugeben.

Automatisiertes Scoring-Verfahren – Recht auf Info zur Entscheidungsfindung

In einem vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) verhandelten Fall verweigerte ein Mobilfunkanbieter einer Kundin den Abschluss eines Vertrags, da ihre Bonität als nicht ausreichend eingestuft wurde. Er stützte sich dafür auf eine Bonitätsbeurteilung der Kundin, die von einem auf die Erstellung von solchen Beurteilungen spezialisierten Unternehmen automatisiert durchgeführt worden war. Der Vertrag hätte die Kundin zu einer monatlichen Zahlung von 10 € verpflichtet.

Im Rahmen des daran anschließenden Rechtsstreits stellte das nationale Gericht rechtskräftig fest, dass das Unternehmen gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen hatte. Es hatte der Kundin nämlich keine „aussagekräftigen Informationen über die involvierte Logik“ der betreffenden automatisierten Entscheidungsfindung übermittelt. Zumindest hatte das Unternehmen nicht hinreichend begründet, weshalb es nicht in der Lage sei, solche Informationen zu übermitteln.

Die EuGH-Richter entschieden, dass die betroffene Person grundsätzlich das Recht hat, zu erfahren, wie die sie betreffende Entscheidung zustande kam. Dabei müssen das Verfahren und die wesentlichen angewandten Grundsätze so beschrieben werden, dass die betroffene Person nachvollziehen kann, welche ihrer personenbezogenen Daten in die Entscheidungsfindung eingeflossen sind und in welcher Weise sie verwendet wurden.

Die bloße Übermittlung eines Algorithmus stellt jedoch keine ausreichend präzise und verständliche Erläuterung dar. Um die Anforderungen an Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu erfüllen, könnte es u.a. ausreichen, die betroffene Person zu informieren, in welchem Maße eine Abweichung bei den berücksichtigten personenbezogenen Daten zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

Basiszins / Verzugszins

  • Verzugszinssatz seit 1.1.2002: (§ 288 BGB)

    Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern:
    Basiszinssatz + 5-%-Punkte

    Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen bis 28.7.2014):
    Basiszinssatz + 8-%-Punkte

    Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen ab 29.7.2014):
    Basiszinssatz + 9-%-Punkte
    zzgl. 40 € Pauschale

  • Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB
    maßgeblich für die Berechnung von Verzugszinsen

    seit 01.01.2025 = 2,27 %
    01.07.2024 – 31.12.2024 = 3,37 %
    01.01.2024 – 30.06.2024 = 3,62 %
    01.07.2023 – 31.12.2023 = 3,12 %
    01.01.2023 – 30.06.2023 = 1,62 %
    01.07.2016 – 31.12.2022 = – 0,88 %
    01.01.2016 – 30.06.2016 = – 0,83 %
    01.07.2015 – 31.12.2015 = – 0,83 %
    01.01.2015 – 30.06.2015 = – 0,83 %
    01.07.2014 – 31.12.2014 = – 0,73 %
    01.01.2014 – 30.06.2014 = – 0,63 %
    01.07.2013 – 31.12.2013 = – 0,38 %

Ältere Basiszinssätze finden Sie im Internet unter:
www.destatis.de – Themen – Konjunkturindikatoren – Verbraucherpreise – Preisindizes im Überblick

Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung dieses Informationsschreibens erfolgen, können erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt werden!

Fälligkeitstermine April 2025

  • Umsatzsteuer (mtl.), für Dauerfristverlängerung Umsatzsteuer,
    Lohn- u. Kirchenlohnsteuer, Soli.-Zuschlag (mtl.): 10.4.2025
    (Zahlungsschonfrist 14.4.2025)
  • Sozialversicherungsbeiträge: 23.4.2025 (Abgabe der Erklärung – 24 Uhr)
    (Zahlung 28.4.2025)

SPRUCH

Wenige Menschen sind weise genug, nützlichen Tadel verräterischem Lob vorzuziehen.
François de La Rochefoucauld; 1613 – 1680, französischer Moralist, Aphoristiker

Freizügigkeit für EU-Ausländer begründet allein keinen Anspruch auf Kinder-geld bei ansonsten unrechtmäßigem Aufenthalt

Das Finanzgericht Münster hat durch Urteil vom 15.1.2025 die Klage einer in Deutschland lebenden Mutter dreier minderjähriger Kinder, alle mit rumänischer Staatsangehörigkeit, auf weitere Zahlung von Kindergeld abgewiesen. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil zu bestimmten Konstellationen im Hinblick auf den Bezug von Sozialhilfeleistungen und den Folgeauswirkungen für den Kindergeldanspruch keine höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vorliegt.

Die Mutter reiste zusammen mit ihrem Ehemann nach Deutschland ein, der abweichend von den übrigen Familienmitgliedern die türkische Staatsangehörigkeit besitzt. Die Mutter stellte die Anträge auf Zahlung von Kindergeld. Sie selbst war zu keiner Zeit in Deutschland sozialversicherungspflichtig erwerbstätig oder Arbeit suchend gemeldet. Sie selbst war erst nach mehreren Jahren geringfügig erwerbstätig.

Der Ehemann ging zunächst einer Erwerbstätigkeit nach. Aus diesem Einkommen nebst Kindergeld, welches die Klägerin ab dem vierten Monat des Aufenthalts in Deutschland für die 3 Kinder erhielt, lebte die Familie. Diese Tätigkeit beendete der Ehemann später,  wobei nicht nachgewiesen wurde, dass er diese Arbeit unverschuldet verloren hat. Es folgte der Bezug von Arbeitslosengeld I, später Sozialleistungen. Sodann nach längerer Zeit erzielte der Ehemann Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Die Familie bezog ergänzend Sozialhilfeleistungen.

Aus rechtlichen Gründen kam es auf die Betrachtung der Erwerbsvita des Ehemannes nicht an, da die Kindesmutter Antragstellerin im Hinblick auf das Kindergeld war. Die Kindergeldzahlungen wurden eingestellt, da die Familie längerfristig nicht ohne Sozialleistungen ihren Lebensunterhalt sichern konnte. Die Kindesmutter war der Auffassung, dass die Einstellung der Kindergeldzahlung sie in ihren Freizügigkeitsrechten als EU-Bürgerin verstoße und nicht verfassungskonform sei.

Da der Ehemann und Vater der Kinder nicht EU-Bürger war, kam es auf seine Erwerbsvita nicht an und war nur insoweit von Bedeutung, als er zeitweise bzw. teilweise den Lebensunterhalt der Familie zusammen mit dem erhaltenen Kindergeld sicherte.

Die Kindesmutter hätte sich mit den Kindern nach deutschem Recht nicht so lange in Deutschland aufhalten dürfen wie sie es getan hat. Für jene Zeit nach Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts stand der Kindesmutter nach dem Urteil des FG kein Kindergeld mehr zu. Es verstoße auch nicht gegen EU-Recht den Bezug von Kindergeld von einem rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland abhängig zu machen. Das Aufenthaltsrecht sei wegen und nach dem Bezug von Sozialleistungen verloren gegangen.

Der BFH wird für den Fall der Einlegung der Revision zu entscheiden haben, ob die Entscheidung des FG verfassungskonform ist und ob sie ggf. gegen EU-Recht verstößt. Ob Revision eingelegt wurde, war zum Redaktionsschluss noch nicht bekannt.